Jänner 2007 www.initiative.cc

Deutschland
aus der Sicht eines Afrikaners !


Die Briefe des Lukanga Mukara sind eine Kulturkritik ganz besonderer Art, denn in ihnen schildert der Diener am Hofe des Königs Ruoma im Lande Kitara (an der Grenze von Uganda zum Kongo gelegen) seine Eindrücke, die er im Zuge seiner Forschungsreise ins Innerste Deutschlands im Jahre 1912 sammeln durfte. Seine Beobachtungsgabe, die Klarheit seines Blicks und die Nacktheit seines Urteils vermitteln uns eine neue Sicht auf viele Dinge, die uns als gegeben, gut und normal erscheinen.
Die Briefe wurden vor dem Ersten Weltkrieg in der Zeitschrift "Der Vortrupp" vom Quergeist, Provokateur, Lebensreformer, Pazifist, Afrikareisenden und "Weltverbesserer" Hans Paasche (1881-1922) veröffentlicht und erregten damals großes - nicht unbedingt zustimmendes - öffentliches Aufsehen!

Keinesfalls wollen wir durch die Veröffentlichung dieser Briefe die deutsche Kultur verspotten oder jene Kitaras verherrlichen. Wir finden aber, dass die insgesamt neun Briefe Lukangas einen unvergleichlich wertvollen Schatz darstellen, aus dem wir in heutiger Zeit Vieles und Wesentliches lernen können, indem wir die Errungenschaften unser westlichen Zivilisation einmal durch die Augen eines Menschen betrachten, der nicht an "Betriebsblindheit" leidet.

Einen Link zu den anderen Briefen finden Sie siehe am Ende dieses Artikels

Wer war Hans Paasche

Paasches Vater war Professor der Wirtschaftswissenschaft, später Reichstagsabgeordneter und dann Vizepräsident des Reichstages. 1900 wählte Paasche die Laufbahn des aktiven Marineoffiziers, machte sich aber bald unbeliebt (u.a. weil er für Alkoholabstinenz warb und mit einfachen Soldaten verkehrte); auch bei der Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika fiel er unangenehm auf. Als er an Malaria erkrankte, kehrte er nach Deutschland zurück. Nach seiner Heirat 1909 verbrachte er die Hochzeitsreise wieder am Victoriasee - seine Frau war die erste Europäerin an den Quellen des Nils.
Wieder in Deutschland, entfernte er sich immer weiter vom Establishment: er warb für Pazifismus und Frauenstimmrecht, unterstützte den Tierschutz und die vegatarische Bewegung und war 1913 einer der Wortführer beim Treffen der Jugendbewegung auf dem Hohen Meißner. Trotzdem meldete er sich beim Ausbruch des 1. Weltkrieges wieder zu den Waffen, schied aber schon 1916 endgültig aus der Marine aus. Er lebte auf seinem Gut Waldfrieden und schrieb gegen den Krieg und die politische und militärische Leitung des Reiches, suchte Kontakt zu Kriegsgefangenen. Eine Denunziation brachte ihn 1917 ins Gefängnis; um eine Anklage wegen Hochverrats zu verhindern, ließ ihn sein Vater in eine Nervenheilanstalt einweisen. Am 9. November 1918 befreiten ihn dort aufständische Matrosen, fuhren ihn in den Reichstag und wählten ihn in den Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldatenräte, wo er für eine radikaldemokratische sozialistische Revolution warb. Aufgrund einer Denunziation wurde er auf seinem Gut von einem Freikorpskommando bein Baden erschossen.


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