März 2005 www.initiative.cc
NIGERIA
Die Flammen Shells brennen in Nigeria als Höllenflamme.
Rohstoffreichtum stellt sich nur selten als Wachstumsmotor heraus. Meist sind sie eher Fluch als Segen. Dies zeigt sich sehr deutlich in allen Krisenregionen der Welt, denn es gibt im Prinzip kein Kriegs oder Krisenland, wo nicht Bodenschätze, allem voran Erdöl im Spiel ist. (Siehe Buch: Blut für Öl von Hans Kronberger)
Fluch
oder Segen ?
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Die Flammen Shells
brennen in Nigeria als Höllenflamme
"Sind jene von dieser Erde, die die Wälder abbrennen und die Hügel
eggen - sie, die leben, damit die Erde stirbt...", so die Worte des
nigerianischen Dichters Niyi Osundare. Die transnationalen Ölgesellschaften
haben in Nigeria mehr erreicht als das. Aktivisten wurden ins Exil vertrieben
oder vom Staat gehängt, erschossen - um zu gewährleisten, dass
Royal/Dutch Shell, Chevron-Texaco und ExxonMobil mit ihren Ölbohrungen
und ihrem Ausbeuten der Menschen fortfahren können. Das nigerianische
Öl stammt größtenteils aus dem Niger-Delta, im Süden
des Landes. Hier verlaufen 6000 Kilometer Ölpipeline, die das Delta
im Zickzack durchkreuzen. Sie wurden auf Kosten der Bauernhöfe der
lokalen Bevölkerung gelegt, man hat die Höfe zerstört.
1958
wurde in Nigeria Öl entdeckt. Seither macht es 90 Prozent der Exporteinnahmen
des Landes aus. Besonders fündig geworden ist man im Lande der Ogoni,
im nordöstlichen Niger-Delta. Oft wird gesagt, dass in diesem Landstrich
während der drei Dekaden der Bohrungen geschätzte 900 Millionen
Barrels gefördert wurden - im Wert von gleichfalls geschätzten
$100 Milliarden - nur, dem Ogoni-Land sieht man es nicht an. (...)
In seinem Buch "Im Schatten des Märtyrers" fördert Ken
Wiwa, Sohn des toten nigerianischen Dichters, Menschenrechts- und Umweltaktivisten
Ken Saro Wiwa, zutage, dass der nigerianische Staat trotz durchschnittlicher
jährlicher Öleinnahmen von $30 Milliarden in den Jahren 1990 bis
2000 Auslandsschulden in Höhe von $40 Milliarden angehäuft hat.
Mit Kapitalinvestitionen und Infrastrukturausbau ist diese Summe am wenigsten
zu erklären. (...) Erst in jüngster Zeit unternahm die Regierung
gewisse Anstrengungen, das Leben der Menschen zu verbessern. Aber auch das
ist mehr als alles andere eine Public-Relations-Aktion. So setzte die Regierung
im Dezember 2001 die sogenannte 'Niger Delta Development Commission' (NDDC)
ein, um dem Eindruck entgegenzuwirken, der Ölreichtum des Niger-Deltas
komme dieser Region nicht zugute. Es wird behauptet, in den vergangenen
beiden Jahren hätte die NDDC 4 Milliarden naira ($2 Millionen) in den
Bau von Schulen, Gesundheitszentren, Straßen, in erstmalige Stromversorgung
und den Bau von Wasserleitungen für die Gemeinden überall in der
Region investiert.
Es sind die Menschen
selbst, die diese Berichte widerlegen. Die Leute aus den Gemeinden kidnappen
weiterhin ausländische Arbeiter der Ölgesellschaften im Land.
Diese Taktik wenden Nigerianer schon seit Jahren an - in ihrem Kampf um
mehr Beteiligung am Ölreichtum des Landes. Ende Juni 2003 wurden drei
ausländische Arbeiter einer Ölgesellschaft, die mit Shell in Kontrakt
steht, entführt. Die Kidnapper forderten ein Lösegeld von $ 200
000 für deren Freilassung. Glücklicherweise kamen die Männer
nach zwei Wochen Gefangenschaft gesund frei. Gruppen von Frauen besetzen
(indem sie die laufende Schicht machen) Ölpumpen-Anlagen und übernehmen
sie. Sie fordern von den Ölfirmen Arbeit und bessere Bedingungen. Dass
dies kein Symptom für eine bösartige Gesellschaft ist, braucht
nicht erst erwähnt zu werden, vielmehr sind es Signale; man hat es
hier mit einem Sozialgefüge zu tun, dass viele Menschen nach wie vor
im Stich lässt.
Nigeria ist Afrikas führender Ölproduzent - und es ist der sechstgrößte
Rohölproduzent weltweit. Dennoch leben 70 Prozent aller 120 Millionen
Einwohner Nigerias unterhalb der Armutsgrenze. Es ist ganz simpel: trotz
geschätzter $600 Milliarden Öleinnahmen seit 1960 leben 70 Prozent
der Nigerianer von weniger als 1 Dollar am Tag. (...)
Wer den Mund aufmacht und für die 70 Prozent der Armen in Nigeria eintritt,
wird früher oder später gehängt - siehe Ken Saro Wiwa. Im
Jahr 1990 hat er die "Bewegung für das Überleben des Ogoni-Volks"
(MOSOP) gegründet. (...) Fünf Jahre später wurde Ken Saro
Wiwa durch den Staat gehängt - aufgrund aufgebauter Vorwürfe.
Der inzwischen verstorbene damalige Präsident, General Sani Abacha,
hatte seine Hinrichtung befohlen. (...)
Der Kampf jedoch war mit der Ermordung Saro Wiwas durch die Regierung nicht
beendet. Das Volk organisiert sich weiterhin, es belagert das Silber und
Gold des Empire - um es mit Arundhati Roys Worten auszudrücken. Die
nigerianischen Präsidentschaftswahlen, April/Mai 2003, waren von Unregelmäßigkeiten
überschattet. Einige Herausforderer warfen der Regierung Wahlbetrug
vor. Als jedoch George Bush - ein Präsident, der ja in Sachen Freiheitsexport
reist -, Nigeria letzten Monat besuchte, hatte er, anders als für die
Irakis, keinen "Instant-Mix Imperial-Demokratie" (Roy) im Gepäck.
Dabei besitzt Nigeria den wichtigsten Inhaltsstoff für jenen Instant-Mix
Marke Bush: Öl. Aber Nigerias Präsident Olusegun Obasanjo scheint
es meisterhaft zu verstehen, das Imperium glücklich zu machen. Solange
Obasanjo sich nicht in Profitangelegenheiten und Interessen des Imperiums
mischt, darf er, wenn es ihm beliebt, Diktator spielen, Präsident auf
Lebenszeit. Und er kann massenhaft seine eigenen Leute töten, wenn
es ihm Spaß macht, solange er beim Morden darauf achtet, die Sicherheit
der Leute des Imperiums nicht zu gefährden. Sonst wird Bush die Sache
zum Kochen bringen und Öl hinzufügen - und dann bomben.
Quelle: Mandisi Majavu "In Nigeria The Flames Of Shell Are Flames
Of Hell", ZNet Kommentar vom 10. August 2003
Rohstoffreichtum
nur selten ein Wachstumsmotor
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ngo-online/08.03.2005 - Reichtum an Öl und anderen Rohstoffen bringt den Förderländern häufig weder Wohlstand, noch ein besonderes Wirtschaftswachstum, sondern schadet eher. Das berichtet Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) in seiner Zeitschrift IW-Trends. "Für viele ölexportierende Länder hat sich das schwarze Gold eher als Fluch denn als Segen erwiesen", fassen die Wissenschaftler zusammen. Vielerorts blühe die Korruption. Investitionen in Bildung und Infrastruktur würden vernachlässigt während die Ausgaben fürs Militär explodierten.
Seit 1988 hätten die Staaten der Organisation Erdölexportierender Staaten (OPEC) im Schnitt 18 Prozent ihrer Staatsausgaben oder rund sechs Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für das Militär ausgegeben. Der Schnitt der anderen Entwicklungs-, Schwellen- und Transformationsländern habe dagegen 2,9 Prozent betragen. Der Anteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt habe dagegen in den rohstoffreichen Ländern im Schnitt der Jahre 1988 bis 2001 nur 0,2 Prozent betragen - deutlich weniger als in allen Entwicklungsländern (0,6 Prozent) oder im weltweiten Durchschnitt (0,9 Prozent).
Trotz der zuletzt stark gestiegenen Rohölpreise habe der Energieträger in den vergangenen Jahren auch nur in wenigen Förderländern die Wirtschaft angekurbelt. Zwar habe das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Oman zwischen 1980 und 2002 jährlich im Schnitt um 6,4 Prozent zugelegt, in Indonesien um 4,8 Prozent und in Norwegen um 3,1 Prozent. In Libyen dagegen sei das BIP im gleichen Zeitraum Jahr für Jahr um 0,8 Prozent geschrumpft, in Kuwait um 0,7 Prozent.
Zu wirklichem Wohlstand haben es nur wenige Ölförderländer gebracht. Während Norwegen 2002 ein kaufkraftbereinigtes Pro-Kopf-Einkommen von 37.857 Dollar erzielte, überschritten in der OPEC lediglich zwei Länder die 20.000-Dollar-Grenze - Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate. Nigeria und Sambia erreichten nicht einmal ein Pro-Kopf-BIP von 1.000 Dollar.
Die Gründe dafür, dass viele Länder trotz des Ölreichtums keine große Wirtschaftskraft aufweisen, seien vielfältig, so das IW. So gewinne die heimische Währung eines Landes durch hohe Erlöse für exportierte Bodenschätze tendenziell an Wert, was alle Ausfuhren verteuere. Zudem würden die Einnahmen aus dem Rohstoffexport zu wenig für zukunftsorientierte Investitionen verwendet. So seien die Ausgaben für weiterführende Schulen und Universitäten bei den OPEC-Staaten und den anderen rohstoffreichen Ländern gemessen am Pro-Kopf-BIP nur halb so hoch wie der weltweite Durchschnitt.
Das IW lobte das
Norwegische Modell. Dort werden die Erlöse der staatlich kontrollierten
Fördergesellschaften in ausländischen Wertpapieren angelegt. Der
Erdöl-Fonds ist mittlerweile rund 130 Milliarden Euro wert - eine Menge
Rücklagen für die Zeit nach dem Ende des Öls.
Quelle: www.ngo-online.de
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