Juli 2010 www.initiative.cc
Ein
Familienbetrieb wehrt sich
erfolgreich gegen einen Konzern
Der unten stehende Text ist von Frau Ennsthaler, einer mutigen Frau des Familienbetriebes Ennsthaler Verlag. Die Greißler sind gestorben, weil die meisten in die Supermärkte einkaufen gingen. Nun sollen offensichtlich die kleinen und mittleren Buchhändler noch mehr als bisher Konzernen wie Thalia weichen. Es liegt an uns, bei wem wir einkaufen und wie wir damit unsere Zukunft gestalten.
Im zweiten Abschnitt lesen wir, wie innerhalb ein paar Tage der Protest von Menschen Wirkung zeigte. Es legt ein Zeugnis dafür ab, dass wir als Konsumenten ALLES in der Hand haben, wenn wir uns nur darüber bewusst sind und nicht immer den persönlichen kurzfristigen Vorteil suchen.
Angst
als Mittel zum Zweck
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Juni 2010
Liebe Freunde
Täglich bekomme ich und Ihr Emails mit der Bitte Stellung zu beziehen, es geht um Walfangquoten, Delfine zu schützen, BP aufzufordern die Kosten für ihr Chaos zu übernehmen usw. Natürlich beziehen wir Stellung, schicken Mails weiter unterschreiben und wünschen uns, das wir etwas bewirken und das tun wir auch.
Und manchmal passiert etwas, da trifft es uns persönlich, da kommt das Leben mit voller Wucht daher, da können wir uns nicht entziehen. Und dann bist du plötzlich wie vor den Kopf geschlagen, hilflos von Angst geschüttelt und fragst dich, was tun gegen eine scheinbare Übermacht, mit der Du plötzlich konfrontiert bist, die Dich bedroht und so viel größer ist, so viel mehr Geld hat als Du. Und dann musst Du Stellung beziehen, über die Angst gehen, es fordert Dich persönlich heraus, Deine Haltung wird überprüft, ob Du Dich persönlich beugst oder Haltung zeigst, Wiederstand leistest.
Nun zu unserer jetzigen Situation:
Wir sind seit 65 Jahren
ein Familienbetrieb, haben 20 Angestellte, wir haben eine Buchhandlung,
eine Auslieferung ( wir liefern deutsche Verlage, wie Arun, Jan van Helsing,
Nietsch und viele andere Verlage in Österreich aus) und haben auch
einen Verlag mit dem Motto" Bücher für ein bewusstes Leben".
Wir sind ein ganz normaler mittelständischer Betrieb in Oberösterreich
wie so viele andere auch. Mittlerweile arbeitet die dritte Generation unserer
Familie in unserer Firma. Als Familie sind mein Mann und ich seid 38 Jahren
ein glückliches Team, wir haben 6 Kinder, darunter ein liebenswerte
besondere Tochter mit Downsyndrom, Schwiegerkinder, sechs Enkelkinder, also
eine geballte Kraft an Leben und Lebendigkeit mit allem Chaos, das so eine
große Familie mit sich bringt. Wir haben es im Griff und halten zusammen.
Leider hat Thalia jetzt
sein begehrliches Auge auf uns geworfen. Sie hätten einfach mehr Umsatz,
wenn es unsere Buchhandlung nicht gäbe, wenn sie unseren Standort hätten.
Sie haben uns vor einem halben Jahr ein Kaufangebot gemacht, wir haben kurz
überlegt und dann abgelehnt. Ein ganz normaler Vorgang, das war es,
dachten wir. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir eine branchenübliche
Geschäftsbeziehung mit Thalia, sie haben unsere Bücher aus Verlag
und Auslieferung bestellt, wir hatten eine gute Geschäftsbeziehung.
Bei Thalia gab es einen
Geschäftsführerwechsel, einer der beiden Geschäftsführer
verlies die Firma und es kam ein neuer Geschäftsführer aus Deutschland.
In Deutschland ist Thalia marktführend und hat laut Wikepedia alle
großen Verlage ziemlich im Griff. Nun weht ein anderer Wind, wäre
doch gelacht, diesen kleinen Ennsthaler in Steyr nicht in den Griff zu bekommen.
Der deutsche Geschäftsführer kam in unser Haus zu einem Vorstellungsbesuch,
wie er sagt. Leider war dieser Besuch kein höflicher, wie wir dachten.
Entweder wir verkaufen oder sie bestellen nichts mehr bei uns. Mein Mann
hat ihn höflich aber bestimmt hinausgeworfen. Naiv wie wir waren hat
mein Mann noch den österreichischen Geschäftsführer informiert
über das Verhalten seines Kollegen. Der hat uns erklärt, dies
sei die übliche Vorgehensweise von Thalia und es zählen nur Fakten,
Emotionen hätten da keine Platz.
Das Verhalten von Thalia ist erstmalig im österreichischem Buchhandel, es weht also ein neuer Wind. Verkaufts Du nicht, zerstören wir Dich. Ich will haben, ist das Motto. Wir sind jetzt als Verlag und Auslieferung in den Computern von Thalia gesperrt. Als Kunde könnt Ihr keine Bücher mehr von uns bei Thalia kaufen. Offizielle Begründung, Ennsthaler hat die Geschäftsbeziehung mit Thalia eingestellt., so wurde es auch angeblich den Angestellten von Thalia mitgeteilt. Wir haben eine Gegendarstellung gemacht, haben klargelegt, wir verkaufen unsere Buchhandlung nicht, das ist eingestellt, dies hat nichts mit unserer Auslieferung oder dem Verlag zu tun. Die Antwort ist, solange dieser "strittige" Punkt nicht geklärt ist, wird nicht bestellt. Wir sind kein strittiger Punkt in der Welt von Thalia, wir sind eine Familie, die ihre Buchhandlung einfach behalten will. Punkt.
Sie haben jetzt die
Vorgehensweise verschärft, indem sie Keile zwischen uns und unseren
Autoren treiben. Sie erklären unseren Autoren, wen sie ihre Werke direkt
an sie liefern, dann verkaufen sie die Bücher. Sie rufen die Verlage
an und versuchen direkt zu bestellen, mit der Begründung, sie nehmen
keine Bücher mehr von Ennsthaler an. Sie haben den Bücherpaketdienst
angerufen und angewiesen, keine Bücher mehr zuzustellen, die von uns
kommen.
Sie zwingen also die Verlage, vertragsbrüchig zu werden und direkt
zu liefern oder die Auslieferung zu wechseln. So sitzen wir ganz schön
in der Zwickmühle.
Nun ich bin eine Frau, bin Ehefrau, Mutter, Großmutter, Schamanin, liege in den letzten Monaten meiner Ausbildung zum systemischen Lebensberater, hab meine Kinder zu aufrichtigen Menschen erzogen und habe den Glauben an das Gute in der Welt noch nicht verloren. Es ist mir wichtig, welche Welt ich meinen Kindern und Enkelkindern überlasse. Die Spiele der großen Herren dieser Welt habe ich nie verstanden. Ich will in dieser Welt einen kleinen positiven Fußabdruck hinterlassen, nach meinen Möglichkeiten.
Ich habe mich am Wochenende
gefragt, was ist meine Rolle in diesem Spiel des Lebens. Diejenigen von
Euch, die mich besser kennen, wissen, ich neige nicht dazu, laut in die
Öffentlichkeit zu gehen, für meine Belange schon gar nicht. ich
löse meine Geschichten lieber alleine und im stillen Kämmerlein.
Es fällt mir schwer zu sagen, jetzt brauche ich Hilfe, jetzt reicht
es.
Jetzt ist offensichtlich
die Zeit, wo mich das Leben auffordert, hinauszutreten aus der stillen Kammer,
weil es jetzt nicht mehr alleine geht. Ich habe Emotionen, auch wen das
von Thalia nicht erwünscht ist. Wir haben uns aus ganzem Herzen bemüht,
die Situation nicht eskalieren zu
lassen, Wege offen zu lassen, damit sich die Lage beruhigen kann. Die letzten
Monate habe ich mich immer gefragt, wem diene ich, der Angst oder der Liebe.
Ich habe mich für die Liebe entschieden. Ich habe auch keine Angst,
wir werden überleben als Menschen und als Seele.
Manchmal ist es aber an der Zeit Grenzen zu setzen, Grenzen die so stark sind, das sie spürbar sind für den, der sie verletzt. Die Wahrheit zu sagen, nicht mehr leise zu ertragen, weil die Methoden der Konzerne subtil und zerstörerisch für uns alle sind. Sie passieren in unserer Stadt, in unserem Umfeld und wir bekommen sie oft nicht mit, weil wir uns schämen, das es uns passiert, weil wir keine Hoffnung haben, das uns geholfen wird.
Mit manchem von Euch habe ich gesprochen, Ihr habt mir gesagt, gehe an die Öffentlichkeit. Nun dies ist der erste Schritt dazu. Als Frau sagen ich jetzt, ich stehe diesen Spielen von Zerstörung und Vernichtung eines menschlichen und wertschätzenden Umgangs miteinander, nicht mehr zur Verfügung. Es kann nicht sein, das das einzige Ziel die Gewinnmaximierung eines Konzerns ist.
Jetzt ist es an der Zeit für mich laut zu werden, ein positives Signal zu setzten, so geht es nicht, das muss anders werden.
Ich bitte Euch um Eure Unterstützung für uns und unsere Mitarbeiter( unsere Mitarbeiter und ihre Familien sind uns einfach wichtig, wir wissen auch, wen wir verkaufen, sind sie arbeitslos, Thalia übernimmt sie sicher nicht) Eure positiven Ideen, was immer jetzt auch helfen mag. Schickt das Email weiter, haltet meine Hand, gebt Eure Kundenkarte bei Thalia zurück, sprecht sie drauf an ( übrigens, die normalen Angestellten von Thalia, sind nicht glücklich über diese Vorgehensweise und können nichts dafür, wie ihre Chefetage vorgeht , wie wir aus einigen Telefonaten mit Filialen wissen ), bestellt Eure Bücher bei uns oder dem örtlichen Buchhändler ( der kann es auch brauchen, schmöckern könnt Ihr ja bei Amazon und dann unterstützt den kleinen Buchhändler, indem ihr bei ihm kauft. Der Preis ist ja der selbe, weil es ja einen gebunden Ladenpreis gibt).
Ich habe keine Ahnung,
was momentan hilft, aber ich bin überzeugt, das es eine Lösung
gibt, die gut für uns alle.
Ich wünsche
Euch viel Bewusstsein, einen aufrechten Gang und danke Euch für Eure
Geduld, das Ihr diese lange Email gelesen habt.
Alles Liebe
Regina Ennsthaler
www.books4you.at
Protest
zeigt Wirkung
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Liebe Freunde
So hat mein letztes Email angefangen, dass Ihr ab Mittwoch voriger Woche bekommen
habt .Auf verschlungen Wegen ist es zu Euch gekommen. Damals war es ein privates
Mail an meine Freunde. Manche sind gekommen und haben meine Hand gehalten,
manche haben meine Hilflosigkeit, aber auch meine Wut ob der Umstände
gespürt und sind aktiv geworden. Sie sind so aktiv geworden, dass eine
Lawine ins Rollen kam. Eine Lawine, die für mich unvorstellbar war zu
diesem Zeitpunkt.
1. Mittwoch
abends, die ersten Freunde schreiben zurück, sie haben es weitergeleitet,
gleichzeitig hat ein Freund eine Facebookgruppe Ennsthaler Steyr gegründet.
2. Donnerstag 9 Uhr Regionalradio ruft an, ob das Email von mir ist. Bestätigung
meinerseits, aber auch Verwunderung (woher wissen die das), Mittag ruft ein
Redakteur der OÖ Nachrichten an mit der selben Frage, stimmt das? Wir
treffen uns eine halbe Stunde später zusammen mit meinem Mann, er sichtet
den Schriftverkehr und meint, dass geht in Ordnung, er wird jetzt Thalia befragen
und sich dann später melden. Die Facebook Gruppe wächst, mein Computer
geht über von Email, Emailspeicher zu klein, muss erweitert werden, ich
hatte noch den Ehrgeiz, jeden sofort zu antworten, war leider nicht mehr möglich.
Die Facebookgruppe wächst, 500 Mitglieder. Chefredakteur der OÖ
Nachrichten hat grünes Licht gegeben.
3. Freitag: Die ersten Buchhändler, Verlage und Autoren rufen an, bestätigen
die schwierige Situation in der Branche generell und sagen Unterstützung
durch Weiterleiten zu. Facebook und Emails wachsen an, es wird immer mehr,
dazwischen Emailschreiben. Thalia macht eine eigene Facebookseite auf und
bringt eine Gegendarstellung. Die Mitglieder der Gruppe stellen unangenehme
Fragen an Thalia, schreiben, dass sie ihre Kundenkarten zurückgeben und
das selbe steht in den Mails.
4. Samstag/ Sonntag Emails und Facebook wachsen und wachsen, jetzt sind es
fast 1000 Mitglieder.
5. Montag: 1.500 Mitglieder auf Facebook für uns aktiv. Am Nachmittag
ca. 16 h Anruf von Thalia: Geschäftsbeziehung wieder aufgenommen, Bestellungen
an uns zugesagt. Erleichterung.
6. Dienstag: 17:00 h: 1.938 Mitglieder in der Facebook Gruppe. Unglaublich,
welche Kraft davon ausgeht.
Erschöpfung, habe die ganze Nacht durchgearbeitet.
Leider kann ich nicht alle erreichen, die uns ihre Kraft gegeben haben, schickt
meine Mail an alle weiter, die ihr eingeladen habt, sagt es weiter.
Liebe Freunde, danke!
Regina Ennsthaler
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