Aus
Leo Tolstois "Erstem russischen Lesebuch"
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Der Grossvater war sehr alt geworden. Seine Beine wollten nicht mehr gehen,
seine Augen nicht sehen, seine Ohren nicht hören, und er hatte keine
Zähne mehr.
Wenn er nun bei Tische sass und den Löffel kaum halten konnte, schüttete
er Suppe auf das Tischtuch, und es floss ihm das Essen auch wieder aus dem
Mund. Sein Sohn und dessen Frau ekelten sich davor, und deswegen musste sich
der alte Grossvater allein hinter den Ofen in die Ecke setzen, und sie gaben
ihm sein Essen in einer Tasse.
Da sah er
betrübt nach dem Tisch und die Augen wurden ihm nass. Einmal wollte der
alte Mann die Tasse verrücken, dabei fiel sie zur Erde und zerbrach.
Die Schwiegertochter schimpfte mit dem alten Mann, weil er alles im Haus verschüttete
und Tassen zerbrach.
Sie sagte, sie werde ihm von nun an das Essen in einer Spülschüssel
geben. Der alte Mann seufzte nur und schwieg.
Einmal sahen der Mann und seine Frau, wie ihr kleiner Sohn zu Hause auf dem Fussboden mit ein paar Brettern spielte und etwas daraus baute. Der Vater fragte: «Was machst du da Mischa?» Und Mischa antwortete: «Lieber Vater, ich mache eine Spülschüssel. Wenn du und die liebe Mutter einmal alt seid, könnt ihr aus dieser Schüssel essen.» Da sahen sich Mann und Frau eine Weile an und begannen zu weinen. Sie schämten sich, dass sie den alten Mann so gekränkt hatten.
Und von diesem
Tag an sass er wieder bei ihnen am Tisch, und sie bedienten ihn.
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Oktober 2003
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